2. Wer glaubt ans Eine-Welt-Dorf?

Der Tagesgedanke:

Das „Eine-Welt-Dorf“ wollen alle, die fest glauben, die reine und einzige Wahrheit zu besitzen.

- Das sind seit Jahrhunderten die Offenbarungsreligionen. Ihnen hat Gott durch Propheten oder den Gottessohn selbst die Wahrheit über die Welt und die Menschen offenbart. Damit haben sie das Recht und die Pflicht, alle Ungläubigen zu missionieren.

- Ihre säkularisierten, weltlichen Geschwister sind die Ideologien des 19. Jahrhunderts, der Liberalismus bzw. Kapitalismus und der Sozialismus bzw. Kommunismus. Auch sie sind fest überzeugt, die einzige, alternativlose Wahrheit zu besitzen. Auch bei ihnen steht am Anfang der Geschichte das Paradies (der Urkommunismus oder die zwangfreie, liberale Urgesellschaft mit den "edlen Wilden" wie bei Jean-Jacques Rousseau).

Alle versprechen dann das Endzeit-Paradies: die Religionen im Jenseits, die Ideologien schon im Diesseits. Das ist für sie „das Ende der Geschichte“ im Weltkommunismus oder im Weltkapitalismus.

Zum Nachdenken über Tags: Wer hat Recht? Wer ist im Besitz der unfehlbaren Wahrheit? Das Christentum, der Islam, der Neoliberalismus oder der Sozialismus? Wer hat die Überzeugungskraft, im 21. Jahrhundert zu siegen; das friedliche Eine-Welt-Dorf einzurichten?

Zur Vertiefung: Wenn keine Ideologie, keine Religion im 21. Jahrhundert die Welt beherrscht, dann brauchen wir neue Wege zum Weltfrieden. Vor allem muss es dann klare Grenzen der Kulturen, der Gesellschaften, der Staaten oder Staatengemeinschaften (z.B. EU, afrikanische, islamische Staaten) geben. Denn in multikulturellen Gesellschaften kommt es zu tödlichen Gegensätzen über die Werte, das Zusammenleben und die Zukunft. „Antagonistische Widersprüche“ nannten das die Marxisten. „Gespaltene Gesellschaften“ führen zu „zerfallenden Staaten“. „Wir müssen wieder über die Frieden stiftende Funktion von Grenzen nachdenken." (Antje Vollmer, Grüne, in einem Fernseh-Interview vor 1989).

Samstag: Wer besitzt die Wahrheit?

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