Kategorie: Weltpolitik im Bürgerstaat


16. Wie viele wollen noch kommen?

Tagesgedanke: Es sind viele Millionen Menschen, die nach Europa wollen.   Zum Nachdenken über Tags:

Umfragen zeigen: „Rund 450 Millionen Menschen aus Subsahara-Afrika und aus dem arabischen Raum zwischen Marokko und Oman würden heute gerne auswandern. …  2009 erfragte Prozentsätze [ergaben] Subsahara: 38 Prozent, arabischer Raum: 23 Prozent.“ [Handelsblatt, 30.07.2015, S. 48]

Der Wirtschaftswissenschaftler Erik Reinert sagt es so: „UNO-Daten zufolge gibt es heute eine Milliarde Menschen, die hungern. Dies lässt sich nicht lösen, indem wir einfach alle Hungernden in die EU und die USA verfrachten. Die einzige Lösung besteht darin, die heute armen Länder zu industrialisieren, so wie es vielen Ländern Asiens gelungen ist.“ [Erik Reinert, Warum manche Länder reich und andere arm sind, S. 218]

  Zur Vertiefung:

Die Industrielaisierung wird nur gelingen, wenn sie von unten nach oben über die Landwirtschaft, das Handwerk, dann mit Klein- und Mittelunternehmen aufgebaut wird.

Dabei dürfen diesen Ländern nicht die Fachkräfte abgeworben werden; wir dürfen sie nicht als „Bildungsflüchtlinge“ weglocken. Außerdem brauchen diese aufkeimenden, jungen Volkswirtschaften gezielte Schutzräume, wirksame Biotope, bis sie dem rauen Weltmarkt gewachsen sind.

So gingen zunächst alle heute erfolgreichen Industrieländer vor, von England über die USA bis Deutschland, Japan und das heutige China. Denn junge, heranwachsende Wirtschaftskörper müssen vor dem Zugriff der multinationalen Konzerne und der globalen Finanzwirtschaft geschützt werden. Der Verkauf des Ackerlands an „Landgrabscher“, der Ölquellen an BP oder Esso, des Wassers an Nestlé, der Fischgründe vor Westafrika an die EU sind eine neoliberale Globalisierung, die die Armut steigert, statt zu überwinden.

Das alles sind ständige und wichtige Anliegen einer Sozialen Volkswirtschaft. Sie ist der Gegenentwurf zum grenzenlosen Neoliberalismus, den manche Raubtierkapitalismus nennen.

Lesestoff:

Kurt Egger / Uwe Korus (Hrsg.), Öko-Landbau in den Tropen, Stiftung Ökologie & Landbau, Heidelberg 1995 [Egger ist mir durch einen Vortrag persönlich bekannt; er überzeugte.]

Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg (Hrsg.), Wurzeln des Wohlstands, Stuttgart 1984 [Benz und Bosch und viele heute unbekannte Erfinder, Unternehmer und fleißige Schwaben sind die Wurzeln unseres Wohlstands. Anmerkung: Ich bin Badener.]

Fred Pearce, Land Grabbing, Der globale Kampf um Grund und Boden, München 2012

Jean Ziegler, Das Imperium der Schande, Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung, München 2005 [anschaulich und überzeugend aufgrund der persönlichen Erfahrungen Zieglers als „UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung"  von 2000 bis 2008.]

Unser nächster Tagesgedanke am 07. Januar 2016: Schaffen wir die Integration? Wir wünschen allen Blog-Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein friedliches Jahr 2016.

15. Grenzen stiften Frieden

Tagesgedanke: „Wir müssen über die Frieden stiftende Funktion von Grenzen nachdenken.“ [Antje Vollmer, Grüne, in Fernseh-Interview vor 1989]  

Zum Nachdenken über Tags:

Schon immer lebten die Menschen in Gemeinschaften. Das sind bis heute mancherorts vor allem Familien- und Stammesverbände (z.B. Afghanistan, Libyen, Teile Afrikas), andernorts Völker und Staaten. Dabei war und ist die uralte und erste Aufgabe jeder Herrschaft den „Schutz“ zu gewähren, ihn zu organisieren.

Thomas Hobbes sagt es so: „Die Verpflichtung der Untertanen gegen den Souverän dauert nur so lange, wie er sie auf Grund seiner Macht schützen kann. Denn das natürliche Recht der Menschen, sich selbst zu schützen, wenn niemand anders dazu in der Lage ist, kann durch keinen Vertrag aufgehoben werden.“ [Leviathan, 12. Kap., zitiert nach Enzensberger, Aussichten auf den Bürgerkrieg, S, 57, inhaltlich gleich der Schwabenspiegel von 1275 und der bayerische Staatsjurist des 18. Jahrhunderts Wiguläus Kreittmayr.] 

Der Schutz musste nach innen mit dem Richterschwert und nach außen mit dem Kriegsschwert durchgesetzt, erkämpft werden. Dabei ist das strategische Ziel allen Kampfs der innere oder äußere Friede. Auch das Recht ist nach alter deutscher Vorstellung eine Friedenordnung. (Manche sehen darin unglücklicherweise vor allem eine Streitordnung.)

Heute wird viel von „innerer und äußerer Sicherheit“, von „Recht und Ordnung“ oder von „Frieden und Freiheit“ gesprochen. Nach innen sichern den Frieden die „Grenzen des Rechts“ und nach außen die Staatsgrenzen. Staatenlos und grenzenlos bedeutet Chaos.

  Zur Vertiefung: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ gibt es ohne Grenzen nicht.

Einigkeit bedeutet gemeinsame Kultur, Werte und Grundsätze des Zusammenlebens. Dazu gehören gemeinsame Ziele für die Zukunft [z.B. Strategie für Europas Politik]. Recht heißt für uns „Rechtsstaat“ gemäß den europäischen Traditionen von Renaissance und Reformation, Aufklärung und Französischer Revolution. Freiheit verlangt dazu noch Sozialstaat, Bürgerstaat und Soziale Volkswirtschaft.

Früher musste jede Gemeinde für ihre Armen sorgen. Heute bestimmt der Bund die Qualität der sozialen Sicherheit. Inländer haben darauf einen Rechtsanspruch. Schon die EU ist keine Sozialunion. Hartz IV für alle EU-Bürger überforderte den deutschen Sozialstaat. Denn die armen Massen zieht es dahin, wo es die besseren Sozialleistungen gibt. [vgl. Video: Spiegel-online Sinti und Roma in Berlin]

Wenn dann noch alle Weltbürger Zugang zu unserem Sozialsystem haben, bricht es in Kürze zusammen. Merkel ist dabei dies zu schaffen, durch millionenfache Einreise ohne Pässe, Visa und Asylanträge. Die Folgen werden sein: die Armen wandern zu, der Mittelstand wandert ab (schon heute Ärzte u.a. in die Schweiz).

Garri Kasparow, Vorsitzender der „Human Rights Foundation“ und Schachweltmeister, sagt dazu: „Die Flüchtlinge müssen zurückkehren, wenn Europa weiter als Europa erkennbar bleiben soll. Die Herzen zu öffnen, kann nicht bedeuten, den Kopf zu verlieren.“ Und so könnte nach Kasparow der Friede in Syrien und im Nahen Osten erreicht werden: „Die Grenzen, die der Region vor langer Zeit von den Kolonialmächten nach deren Interessenlage aufgezwungen wurden, konnten nie Stabilität geben, außer unter brutalen Regimen wie dem von Saddam Hussein und der Assad-Familie. Wir müssen die wirklichen Grenzen der Region anerkennen, die in erster Linie konfessionell oder ethnisch, in zweiter Linie geografisch und erst dann politisch sind.“ [Handelsblatt, 08.12.2015]

Donnerstag: Wie viele wollen noch kommen?

14. Weltmächte im 21. Jahrhundert

Tagesgedanke:

Weltmächte im 21. Jahrhundert werden die großen Kulturkreise und wirtschaftlichen Machtblöcke sein.

Zum Nachdenken über Tags:

Von einer neuen „multipolaren [vielpoligen] Welt“ sprechen heute viele. Aus dem zweiseitigen Ost-West-Gegensatz ist ein vielseitiger Wettstreit, z. T. Machtkampf der neuen Kultur- und Wirtschaftsblöcke geworden.

Neben den USA fällt jedem China ein, dann Indien, natürlich die ölreiche islamische Welt, auch das arme und korrupte Lateinamerika und das ausgebeutete Afrika. Russland ist weiter eine Weltmacht und nicht eine Regionalmacht, wie US-Präsident Obama herablassend verkündete.

Hohe Militärs sehen die Welt kritischer als Politiker. Denn sie sind geschult, früh Gefahren und mögliche Gegner zu erkennen. So sagte der ehem. Generalinspekteur und General a. D. Klaus Naumann auf einer Tagung: „Wir erleben die Herausbildung von etwa sieben neuen Machtblöcken.“ Dafür bekam er viel Beifall. Ob das letztlich die USA, Europa, Russland, China, Indien, Lateinamerika, die islamischen Länder sein werden, muss die Entwicklung zeigen. Doch nicht nur Afrika, auch einige andere Mitspieler einschließlich Europa müssen sich anstrengen, nicht abgehängt zu werden oder in Abhängigkeit zu geraten.

Nicht nur China, auch Indien, die Golfstaaten und viele andere rüsteten militärisch kräftig auf. Gleichzeitig hat Europa massiv abgerüstet. Weder geistig noch politisch und militärisch ist es für die neue Lage gerüstet.

Zur Vertiefung:

Vom kommenden „asiatischen Zeitalter“ spricht China. Das hinduistische Indien, die islamische Welt, auch Lateinamerika entwickeln einen immer stärkeren, oft kämpferischen Nationalismus, z. T. einen religiösen Radikalismus. Die kulturellen Unterschiede und Gegensätze sind gewaltig. Das gilt nicht nur im Hinblick auf das Verhältnis von Mann und Frau, die Werte von Familie und Nation, sondern auch für das Recht und die Ethik. Und vom Ende des Eurozentrismus, zu dem auch Liberalismus und Kommunismus gezählt werden, sprechen sowieso alle.

Die richtige Strategie für Europa kann nur sein: Wir müssen auch an unser eigenes langfristiges Überleben, an unsere Sicherheit, Freiheit und Werte denken. Wir müssen verteidigungsfähig sein. Wir können uns nicht mehr als allverantwortliche Weltverbesserer aufführen.

Die anderen Kulturkreise und Mächte verbitten sich die Einmischung von außen. Dann müssen sie aber auch die Verantwortung für ihr Handeln, ihre Fehler – und die Folgen ihrer Kriege und Bürgerkriege tragen. Uns bleibt die Aufgabe, ehrliche Makler für den Weltfrieden zu sein. Das erfordert genug Abwehrbereitschaft, Überzeugungskraft und Diplomatie.

Dienstag: Grenzen stiften Frieden

13. Die USA am Scheideweg

Tagesgedanke:

Wollen die USA im 21. Jahrhundert „ehrlicher Makler“ für den Weltfrieden oder Weltbeherrscher sein?

In Teilen Europas, auch bei uns macht sich eine USA-feindliche Stimmung breit. Die USA werden als unfairer Partner (NSA-Affäre) und Kriegstreiber gesehen. Das gelte vom Irak über Afghanistan bis zur Ukraine – was sicher auch einseitig ist.

  Zum Nachdenken über Tags:

Doch bei der Nato-Konferenz 2008 in Bukarest wollte der US-Präsident George Bush jun. im Hauruck-Verfahren die Ukraine und Georgien in die Nato aufnehmen. Deutschland und Frankreich verhinderten es. „Die Folgen wären nicht auszudenken“, meinte ein mir gut bekannter General. Es war schon falsch, der Ukraine die Mitgliedschaft in der EU und Nato in Aussicht zu stellen. Das hat das Land tief gespalten. Es musste Putin auf den Plan rufen. Was würden die USA sagen, wenn Russland Mexiko oder Kanada in ein Militärbündnis oder die GUS aufnehmen wollte?

Tatsächlich gibt es in den USA – wie überall – unterschiedliche Politiker und Strategen. Wir dürfen nie in Einseitigkeiten verfallen. Hass auf die USA gefährdet die Sicherheit Europas. Das gleiche gilt aber für Hass auf Russland. Denken wir an Bismarck: „Friedensverträge mit allen!“ [vgl. letzten "Tagesgedanken"]

  Zur Vertiefung:

Im Folgenden werden zwei US-Standpunkte gegenübergestellt – ein kriegerischer und ein friedlicher.

Im Internet sorgt seit Mai 2015 ein Video des bekannten US-Think Tanks STRATFOR für Wirbel. Wer bei Google die beiden Suchbegriffe „stratfor“ und „US-Hauptziel“ eingibt, erhält ungefähr 11.400 Ergebnisse. Sogar Putin hat dazu Stellung genommen, Gysi u.a. sowieso. Die Internet-Gemeinde ist schockiert. Denn es heißt, die USA seien die Weltmacht und Kriege ein politischer Normalfall. Daran müsse sich Europa wieder gewöhnen. Hier das Video (12 Minuten). - Sahra Wagenknecht ging im Bundestag auf das Video ein.

Die Gegenposition vertritt Ron Paul, 22 Jahre Mitglied des US-Kongresses und mehrmaliger Präsidentschaftskandidat. Im Ukraine-Konflikt sieht Ron Paul die USA nicht als „ehrlichen Makler“, sondern behauptet, wie das Magazin „Focus“ berichtet: „US-Kongress erklärt Russland den Krieg

Lesestoff: Wir müssen die langfristige US-Außenpolitik verstehen. Das zeigt der Wandel der Monroe-Doktrin, zunächst von der US-Abwehr fremder Einflüsse auf den amerikanischen Doppelkontinent bis zum heutigen US-Weltpolizisten.

Neue Weltmächte werden im 21. Jahrhundert die Weltpolitik bestimmen. Das führt zur Frage: Wie geht Europa mit dieser strategischen Ausgangslage um?

Donnerstag: Weltmächte im 21. Jahrhundert

12. Weltfrieden statt Krieg der Kulturen!

Tagesgedanke: In einer „Welt der Kulturen“ des 21. Jahrhunderts muss Europa als „ehrlicher Makler“ (Bismarck) aktiv für den Weltfrieden eintreten.   Zum Nachdenken über Tags: Europa ist saturiert, d. h. die EU will sich keine weiteren Gebiete einverleiben. Mit allen Nachbarn und darüber hinaus sind Friedensabkommen und friedliche Partnerschaften anzustreben. Dies entspricht genau Bismarcks Außenpolitik, die Wilhelm II. über den Haufen warf. Dazu gehört, dass Missionierungen und Einmischungen in die inneren Angelegenheiten anderer Kulturkreise vermieden werden. Bismarck: „Die Tage der Einmischung in das innere Leben anderer Völker werden, so hoffen wir, unter keinem Vorwand und in keiner Form wiederkehren.“   Zur Vertiefung: Helmut Schmidt und Lee sehen es genauso: „Nun, weder die Chinesen noch die Japaner, noch [andere] … glauben, dass es ihre Sache ist, anderen Völkern zu sagen, wie sie sich verändern müssen und wie sie besser regiert werden können. Das ist eure Sache sagen sie. … Der Westen hat dagegen diesen evangelikalen Zug, den Glauben, dass er ein System von universalem Wert besitzt, das er über die ganze Welt verbreiten muss: Demokratie und Menschenrechte.“ [Helmut Schmidt, Ein letzter Besuch, S. 126] Dazu forderte schon Adenauer eine gewisse Unabhängigkeit von den USA: „Wenn aber … ein Großer [USA] und mehrere Kleine [Europäer] zusammen Politik treiben wollen, dann kann sich leicht bei dem Großen ein übertriebener Führungsanspruch, bei den Kleinen ein zu starkes Abhängigkeitsgefühl ergeben. Das ist nicht gut. … Es zeigt sich im Nahen Osten besonder ... newtab weiterlesen

11. Strategie für Europas Politik im 21. Jahrhundert

Der Tagesgedanke: Das oberste strategische Ziel europäischer Politik ist das langfristige Überleben Europas, seiner Kultur und seiner Nationen in Frieden und Freiheit bei angemessenem Wohlstand. Zum Nachdenken über Tags: Nach Clausewitz, dem großen Philosophen vom Krieg, konzentriert sich Strategie auf das ganz Wesentliche und Wichtige. Sie ist ganz einfach, aber gerade deshalb für viele so schwer. [Carl von Clausewitz, Vom Kriege, ungekürzter Text, Ullstein 1980, S. 108, 150] Oberstes strategisches Ziel jeder Gemeinschaft oder Organisation ist die Sicherung des langfristigen Überlebens. Nachhaltigkeit wird heute oft gefordert. So ist – nach Clausewitz – zu Recht das letzte strategische Ziel des Krieges nicht der Sieg, sondern der Friede. [Clausewitz, a.a.O., S. 104 f] Warum können so viele Politiker, Feldherrn und Wirtschaftslenker nicht strategisch denken? Sie probieren es gar nicht. Sie kennen nur den Kampf um die Macht, die Taktik und das Tagesgeschäft. „Der Weg ist das Ziel“, sagen sie. Strategen wissen: „Ohne Ziel ist jeder Weg fasch.“ „Fahrt ins Blaue“ bedroht in Politik und Wirtschaft das Überleben. Zwar wird - von strategischen Denkern - der strategische Weg „leicht gefunden“; doch sofort beginnen die Hürden. Denn „diesen Weg unverrückt zu verfolgen, den Plan durchzuführen, nicht durch tausend Veranlassungen tausendmal davon abgebracht zu werden, das erfordert außer einer großen Stärke des Charakters eine große Klarheit und Sicherheit des Geistes“. [Clausewitz, a.a.O., S. 150] Zur Vertiefung: Es gab schon Politiker in Deutschland, die strategisch dachten: Ott ... newtab weiterlesen

8. Die Kultur hält eine Gesellschaft zusammen

Der Tagesgedanke: Die Kultur ist eine große Gemeinschaftsleistung. „Kultur ist die Gesamtheit der durch menschliche Arbeit geschaffenen materiellen und geistigen Werte und durchdringt alle Lebensbereiche.“ [so auch DGB 1981] Kultur können nur Menschen schaffen; Tiere sind ganz Natur. Kultur kommt von „colere“, bebauen und pflegen der Felder. Ackerbau und Viehzucht sind frühe Kulturformen. Die Kultur ist zeit- und raumabhängig. Zur gleichen Zeit haben unterschiedliche Völker auch verschiedene Kulturen. Und im Lauf der Geschichte ändert sich die Kultur eines Volkes und eines Kulturkreises. Mächtige kulturelle Kräfte sind die Sprache, die Religion, das Recht, Sitten und Ethik, Wirtschaft und Wissenschaft. Zum Nachdenken über Tags: Es gibt eine europäische Kultur vom Altertum bis heute. Sie unterscheidet sich von außereuropäischen Kulturen, die vor allem seit dem Ende des Ost-West-Gegensatzes (1989) ihren eigenen, gleichwertigen Platz in der Welt fordern. Die Welt des 21. Jahrhunderts wird multikulturell sein. Doch eine multikulturelle Gesellschaft wird sozial und geistig tief gespalten sein. Der Kampf der Kulturen in der Welt wird zum Kulturkampf im Land. Bürgerkrieg liegt in der Luft. Es gibt sie schon, die „tief gespaltenen Gesellschaften“ in „zerfallenden Staaten“. Kultur ist eine Gemeinschaftsleistung. Alle Arbeitsteilung muss in eine Arbeitszusammenführung münden. Kultur überwindet so den reinen Individualismus, was gut Gustav Radbruch darstellt: „Denn jegliche Gemeinschaft ist Gemeinschaft einer gemeinsamen Sache, einer gemeinsamen Arbeit, eines gemeinsamen Werkes, ... newtab weiterlesen

7. Die Dogmen und die Wahrheit

Tagesgedanke: Immer mehr Menschen in Europa glauben nicht mehr an die Wahrheit der kirchlichen Dogmen. Dogma ist ein kirchlicher Lehrsatz mit dem Anspruch, unumstößlich wahr zu sein, weil er Gottes Offenbarung entspringt. Als junger Geschichtsstudent bekam ich - wie damals viele - starke Zweifel, auch am „Kern der Offenbarung“, der Bibel. Es war die Zeit des II. Vatikanischen Konzils. Ich kannte gut einen angesehenen Theologieprofessor für Kirchengeschichte. Oft engagierte er mich als Fahrer. Auf den langen Autofahrten schwieg er bei all meinen Fragen eisern. Nur einmal sagte er: „Es war falsch, mit den Werkzeugen des Historikers an die Heiligen Texte heranzugehen.“ Ich schloss: „Sie halten der Prüfung nicht stand.“ Mit ihm begegnete ich anderen Theologieprofessoren. Da wurde dann offen gesprochen. Die Ablehnung reichte von der Jungfrauengeburt Mariens bis zur Gottesnatur Christi, die erst die Konzile von Nicäa (325 n. Chr.) und Chalcedon (451 n. Chr.) zum Dogma machten - nach heftigem Streit. Doch jeden Sonntag verkündeten diese gelehrten Priester ihren „Schäflein“ das Gegenteil der eigenen Überzeugung. Ich war erschüttert. Zum Nachdenken über Tags: Den Kirchen fehlt ein wichtiger Schritt ins Europa des 21. Jahrhundert. Sie begehen die Sünde von Luzifer, wenn sie sich anmaßen, wie Gott die Wahrheit voll ergründen und verkünden zu können. Denn dieser Erzengel wollte wie Gott sein und wurde dadurch zum Teufel. Im heutigen Europa müssten die Kirchen ihre Gläubigen sogar auffordern: „Habt den Mut, euch eures eigenen Verstandes zu bedienen.“ (Immanuel Kant) Die meiste ... newtab weiterlesen

4. Gegenpole: Helmut Schmidt kontra Angela Merkel

Tagesgedanke: Es stehen sich gegenüber das „Kulturkreis-Modell“, das Helmut Schmidt vertritt, und das „Eine-Welt-Dorf“, für das Angela Merkel steht. Helmut Schmidt sagt seine Meinung im Video bei Maischberger hier. Den Standpunkt von Angela Merkel lesen wir hier. Helmut Schmidt sagt: „Wir haben uns übernommen mit der Zuwanderung aus völlig fremden Kulturen.“ „Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder Schwarzafrika löst das demographische Problem nicht, es schafft nur ein zusätzliches dickes Problem.“ „Wer die Zahl der Moslems in Deutschland erhöhen will, nimmt eine zunehmende Gefährdung des inneren Friedens in Kauf.“ Angela Merkel meint: „Wir sind im Grunde schon ein Einwanderungsland." „Deutschland braucht eine bessere Willkommenskultur.“ „Es gibt eine Liste von jenen Berufen, für die es in Deutschland nicht ausreichend Facharbeiter gibt wie Chemielaboranten. Afrikaner sollen darauf hingewiesen werden. Wer solche Qualifikation hat, braucht keinen Asylantrag zu stellen.“ Inzwischen haben wir unbegrenzte Einwanderung ohne Pässe und Visa, ohne Asylantrag. Europa und zuerst Deutschland sollen das Eine-Welt-Dorf modellhaft schaffen. Und was, wenn es wie beim Kommunismus schief geht? Dann war es halt wieder nur so eine dumme Idee. Zum Nachdenken über Tags: Wen sollen diejenigen Bürger wählen, die vom Kulturkreis-Modell überzeugt sind und ans Eine-Welt-Dorf nicht glauben? Zur Vertiefung: Die Masse der Ankömmlinge sind keine Fachkräfte. Doch der Dritten Welt die dringend benötigten Aufbaukräfte abzuwerben, ist ebenso unverantwortlich. Was wird aus jenen Lä ... newtab weiterlesen

3. Wer besitzt die Wahrheit?

Tagesgedanke: Es gibt in der Wissenschaft zwei Ansichten zur Wahrheit - Die einen sagen: „Die Wissenschaft kann die reine Wahrheit erkennen.“ Denn die Wirklichkeit um uns herum spiegelt sich klar und richtig im vernünftigen menschlichen Hirn wider. Diese „Widerspiegelungstheorie“ war im 19. Jh. die herrschende Ansicht. An sie glaubt noch der „wissenschaftliche Marxismus“. - Die anderen sind überzeugt: „Was wirklich wahr ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen.“ Nur durch die Widerlegung von wissenschaftlichen Theorien, die sog. Falsifizierung, erkennen wir die Wirklichkeit Stück für Stück besser. Das ist das Popper-Kriterium, weil Karl Popper diesen Denkansatz entwickelt hat. Er ist heute herrschend. Die Befürworter nennen sich „kritische Rationalisten“. Zum Nachdenken über Tags: Es gibt sie noch die Anhänger der Widerspiegelungstheorie oder des Glaubens an „wahre Erkenntnis“, die ewig gilt. Sie sagen: „Das ist doch evident.“ Das heißt so viel wie offenkundig, jedem einsichtig. Dazu sagen Popper-Anhänger: „Es ist für jedermann einleuchtend, dass die Sonne morgens im Osten aufgeht, dann wandert und mittags hoch im Süden steht; abends verschwindet sie im Westen. Trotz dieser „Evidenz“ dreht sich die Erde um die Sonne und nicht umgekehrt. Zur Vertiefung: Der teilweise Zusammenbruch der großen naturwissenschaftlichen Theorie von Newton durch Einsteins Relativitätstheorien, und die teilweise Widerlegung von Einstein durch die Quantentheorie von Planck u.a. überzeugten Popper: nur Falsifizierung, keine Verifizierung [Wahrheitsbeweis] ist uns möglich. Wissenschaftlich is ... newtab weiterlesen

2. Wer glaubt ans Eine-Welt-Dorf?

Der Tagesgedanke: Das „Eine-Welt-Dorf“ wollen alle, die fest glauben, die reine und einzige Wahrheit zu besitzen. - Das sind seit Jahrhunderten die Offenbarungsreligionen. Ihnen hat Gott durch Propheten oder den Gottessohn selbst die Wahrheit über die Welt und die Menschen offenbart. Damit haben sie das Recht und die Pflicht, alle Ungläubigen zu missionieren. - Ihre säkularisierten, weltlichen Geschwister sind die Ideologien des 19. Jahrhunderts, der Liberalismus bzw. Kapitalismus und der Sozialismus bzw. Kommunismus. Auch sie sind fest überzeugt, die einzige, alternativlose Wahrheit zu besitzen. Auch bei ihnen steht am Anfang der Geschichte das Paradies (der Urkommunismus oder die zwangfreie, liberale Urgesellschaft mit den "edlen Wilden" wie bei Jean-Jacques Rousseau). Alle versprechen dann das Endzeit-Paradies: die Religionen im Jenseits, die Ideologien schon im Diesseits. Das ist für sie „das Ende der Geschichte“ im Weltkommunismus oder im Weltkapitalismus. Zum Nachdenken über Tags: Wer hat Recht? Wer ist im Besitz der unfehlbaren Wahrheit? Das Christentum, der Islam, der Neoliberalismus oder der Sozialismus? Wer hat die Überzeugungskraft, im 21. Jahrhundert zu siegen; das friedliche Eine-Welt-Dorf einzurichten? Zur Vertiefung: Wenn keine Ideologie, keine Religion im 21. Jahrhundert die Welt beherrscht, dann brauchen wir neue Wege zum Weltfrieden. Vor allem muss es dann klare Grenzen der Kulturen, der Gesellschaften, der Staaten oder Staatengemeinschaften (z.B. EU, afrikanische, islamische Staaten) geben. Denn in multikulturellen Gesellschaften kommt es zu tödlich ... newtab weiterlesen

1. Eine-Welt-Dorf oder Kampf der Kulturen?

Der Tagesgedanke: Es gibt zwei grundverschiedene Vorstellungen von der Welt im 21. Jahrhundert: - Die einen glauben seit 1989, dass wir das harmonisch friedliche Eine-Welt-Dorf  bekommen. [Weltbestseller dazu: Fancis Fukuyama, Das Ende der Geschichte, 1992] - Die Anderen erwarten den Zusammenprall der Kulturen. [Weltbestseller dazu: Samuel Huntington, Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert (= The clash of civilizations), 1996] Zum Nachdenken über Tags: Was ist die realistische Sicht für das 21. Jahrhundert? Welche Schlüsse und Strategien für die Politik, für die Wirtschaft und das Ziel „Weltfrieden“ folgen daraus? Wie lässt sich ein Krieg der Kulturen vermeiden? Zur Vertiefung: Viele sehen heute eine Welt mit neuen Machtblöcken entstehen: USA, Russland, China mit Ostasien, islamische Welt, Indien, Lateinamerika, Afrika und – hoffentlich – auch Europa. Keine dieser Mächte kann vorerst die Welt beherrschen oder kolonialisieren. Die alten westlichen Ideologien (Liberalismus bzw. Kapitalismus und Sozialismus bzw. Kommunismus) und ihr Eine-Welt-Modell sind dabei überholt. Die neuen Mächte werden mit ihrer jeweils eigenen Kultur und Überzeugung den Weg in die Zukunft suchen. Die große Aufgabe im 21. Jahrhundert ist: friedlicher Wettbewerb und Koexistenz statt „Krieg der Kulturen“. Lesestoff: Jahrtausendwende! Zeitenwende? Am kommenden Donnerstag: Wer glaubt ans Eine-Welt-Dorf? ... newtab weiterlesen
up